Dritte Verhandlungsrunde

Viele Forderungen erfüllt – jetzt warten schwierige Verhandlungen zu den Kernforderungen auf uns

EVG Verhandlungen Runde 3

Spannend bis zum Schluss – das war sie, die dritte Runde der Tarifverhandlungen mit der DB AG, die diesmal in Halle stattfand. Zwei Tage waren ursprünglich geplant, am Ende wurden es drei – und wir hatten erreicht, was wir in dieser Runde erreichen wollten.

Bis dahin war es jedoch ein weiter, vor allem aber schwieriger Weg. Am Freitagabend standen die Verhandlungen sogar kurz vor dem Abbruch. Die EVG-Forderung „Reisezeit = Arbeitszeit“ entwickelte sich zu einer der entscheidenden Konfliktlinien. Obwohl schon mehr als sieben Stunden in der Arbeitsgruppe verhandelt worden war, gab es immer noch keinerlei Annäherung. Die Arbeitgebervertreter bezweifelten unter anderem die Notwendigkeit eines Handlungsbedarfs und machten immer wieder deutlich, dass nach ihrer Einschätzung nur ganz wenige Eisenbahnerinnen und Eisenbahner außerhalb der Arbeitszeit dienstlich bedingte Reisetätigkeiten wahrnehmen würden, für die sie entschädigt werden müssten.

Dem ist natürlich nicht so – und deshalb zeigte sich die Verhandlungsdelegation der EVG in der Arbeitsgruppe unnachgiebig. Auch das Angebot des Arbeitgebers, sich der Forderung der EVG letztlich doch annehmen zu wollen, Regelungen aber nur für einen fest definierten Kreis an Beschäftigten zu treffen, lief ins Leere. „Wir verhandeln für alle unsere Mitglieder und werden deshalb keine Vereinbarung treffen, die nicht für alle Betroffenen gilt“, machte EVG-Verhandlungsführerin, Regina Rusch-Ziemba unmissverständlich deutlich. „Für uns gibt es keine Eisenbahnerinnen oder Eisenbahner zweiter Klasse“.

Damit waren die Fronten geklärt. „Bewegt sich der Arbeitgeber nicht, brechen wir die Verhandlungen sofort ab und beraten in unseren Gremien das weitere Vorgehen. Unterbreitet der Arbeitgeber – nach entsprechender Bedenkzeit – ein verhandlungsfähiges Angebot, kann es auch in dieser Frage eine Einigung am Verhandlungstisch geben.

Eine klare Ansage. Die Anspannung war förmlich spürbar. Ernste Gesichter und hektische Betriebsamkeit auf der „Gegenseite“. Erst einmal ging nichts mehr. Denn so lange sich der Arbeitgeber bei dieser Forderung nicht in unserem Sinne bewegte, wurde überhaupt nicht mehr verhandelt – in keiner der Arbeitsgruppen. Eine lange Zeit des Wartens begann.

Der Arbeitgeber tat sich sichtlich schwer, sich auf uns zuzubewegen. Die Forderung „Reisezeit = Arbeitszeit“ schien zu einer Frage des Prinzips zu werden. Die Einsicht, dass es besser wäre, die von der EVG geforderten Regelungen zu vereinbaren, als mit einem Abbruch der Verhandlungen konfrontiert zu werden, kam spät, aber sie kam. Schließlich wurde wieder verhandelt – zunächst noch bis spät in den Abend und schließlich auch am Samstagvormittag.

Bilder von den Verhandlungen (7 Bilder)

EVG Verhandlungen Runde 3
EVG Verhandlungen Runde 3
EVG Verhandlungen Runde 3
EVG Verhandlungen Runde 3

Dieser dritte Verhandlungstag war ursprünglich gar nicht vorgesehen, doch für unsere Verhandlungsdelegation war klar: wenn wir in der vierten Runde ausreichend Zeit für die Verhandlungen über unsere Kernforderungen haben wollen, müssen wir in Halle möglichst viele unserer Forderungen aus der Forderungsliste durchsetzen.

Und selbst dann sind wir immer noch nicht durch“, machte EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba mit Blick auf die vierte Verhandlungsrunde in Hannover deutlich. Noch sei nichts unterschrieben, erst Ende November lägen die ausformulierten Tarifvertragstexte vor, denen beide Parteien formal noch einmal zustimmen müssten. Zudem stehen noch vier schwere Forderungen auf der Agenda: „Wir müssen über die prozentuale Lohnerhöhung und damit auch über das Mehr vom EVG-Wahlmodell verhandeln, ebenso über die Erhöhung der Ausbildungs- sowie Studienvergütung. Eine wichtige Forderung ist in diesem Zusammenhang auch die Erhöhung des Arbeitgeberanteils bei der arbeitgeberfinanzierten kollektiven betrieblichen Altersvorsorge. Jede diese Forderungen birgt für sich reichlich Konfliktpotential.

Insgesamt wurde rund 25 Stunden lang in Halle in verschiedenen Arbeitsgruppen verhandelt, sondiert und diskutiert. Mal schien ein Ergebnis zum Greifen nah, oft wurde endlos über Formulierungen gerungen, die schließlich doch verworfen wurden. Immer wieder trat die große 52-köpfige Verhandlungsdelegation zusammen, um sich gegenseitig „abzuholen“. Wo stehen wir gerade? Wo gibt es augenblicklich Schwierigkeiten? Was haben wir schon erreicht? Wie wollen wir weiter vorgehen?

Die Stimmung im Sitzungssaal der EVG war immer gut – trotz aller Unwägbarkeiten im Laufe der Verhandlungen, die sich oft kurzfristig ergaben. Und wenn es hieß, wir müssen jetzt noch mal eine Stunde dranhängen, um eine weitere Forderung abzuräumen, dann blieben alle wie selbstverständlich da. Ein tolles Team, das sich da zur Tarifrunde 2018 zusammengefunden hatte, das sehr kollegial und respektvoll miteinander umging.

Die ersten, die vermelden konnten, ihre Forderungen durchgesetzt zu haben, war die Verhandlungsdelegation des NachwuchskräfteTV. Der Stolz und die Freude über den erzielten Erfolg waren ihnen deutlich anzusehen. Eine tolle Leistung, für die es in der Runde der 52-köpfigen großen Verhandlungsdelegation kräftigen Applaus gab.

NachwuchskräfteTV

Durchgesetzt werden konnten unter anderem 28 Tage Mindesturlaub für alle Auszubildenden und Dual-Studierende sowie die Erhöhung des Mietkostenzuschusses durch den Arbeitgeber bei gleichzeitiger Verringerung des Eigenanteils. Weitere Erfolge: Der Anspruch auf IHK-zertifizierte Zusatzqualifikationen während der Ausbildung konnte durchgesetzt werden, ebenso die Einführung einer Vergütung für das vierte Studienjahr.

Auch die Ausdehnung des Geltungsbereichs des NachwuchskräfteTV auf die Busgesellschaften von DB Regio ist jetzt vereinbart. „Erfolg auf ganzer Linie“, stellte EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba fest. Offen ist jetzt nur noch die Forderung nach einer Erhöhung der Ausbildungs- sowie Studienvergütung um 150 Euro im Monat, die in der vierten Verhandlungsrunde auf der Tagesordnung stehen wird.

Job-Ticket

Langwierig aber erfolgreich waren auch die Verhandlungen zu dem von der EVG angestrebten Jobticket. „Unser Ziel war es, die DB AG darauf zu verpflichten, unverzüglich mit Verkehrsverbünden Verhandlungen aufzunehmen, um Rahmenverträge abzuschließen, die es Arbeitnehmern, Auszubildenden und Dual Studierenden im DB-Konzern ermöglichen, die in Verkehrsverbünden bereits bestehenden Angebote zum zuschussfreien Erwerb von Firmen-Job-Tickets in Anspruch zu nehmen. Auch das haben wir in der dritten Verhandlungsrunde geschafft.

Wir halten diesen Weg für den richtigen, weil so Lösungen gefunden werden, die vor Ort passen. Vor allem aber könnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so von bereits ausgehandelten Vergünstigungen der Verkehrsverbünde für Firmen profitieren. Jetzt ist der Arbeitgeber gefordert, schnellstmöglich die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen. Und wenn die DB AG es richtig macht, können unsere Kolleginnen und Kollegen ordentlich Geld sparen. Am Ende muss ein Angebot herauskommen, dass deutlich attraktiver ist als die normalen Angebote, die ein Verkehrsverbund Einzelreisenden bietet.

Großen Wert haben wir darauf gelegt, dass der Konzernbetriebsrat eingebunden – und dass der Arbeitgeber seiner eingegangenen Verpflichtung auch gerecht wird. „Deshalb haben wir schriftlich festgehalten, dass die Tarifvertragsparteien zum 31.12.2019 eine gemeinsame Evaluierung vornehmen, damit wir sehen können, wie weit die getroffenen Vereinbarungen bereits umgesetzt sind.“, machte Regina Rusch-Ziemba deutlich.

Reisezeit = Arbeitszeit

Am Samstagvormittag konnten wir uns schließlich auch mit unserer Forderung „Reisezeit = Arbeitszeit“ durchsetzen. „Für jede Stunde Reisezeit, die bei Dienstreisen außerhalb der Arbeitszeit liegt, wird künftig 10 Euro Entschädigung gezahlt – und zwar für alle Unternehmen. Das war uns ganz wichtig“, so Regina Rusch-Ziemba.

Teilzeitkräfte werden gleichgestellt; die Regelungen, die es in den Transportbereichen schon gibt, bleiben bestehen – wir haben für diese Kolleginnen und Kollegen aber ein Wahlrecht vereinbart, so dass sie auf Wunsch auch alternativ die neuen Regelungen in Anspruch nehmen können, die wir jetzt vereinbart haben.

Arbeit 4.0

Ein Meilenstein war in der zurückliegenden Tarifrunde 2016 der Tarifvertrag Arbeit 4.0, in dem die EVG als erste Gewerkschaft überhaupt verbindliche Vereinbarungen im Hinblick auf die Auswirkungen der zunehmenden Digitalisierung treffen konnte. Dieser Tarifvertrag konnte im Rahmen der laufenden Tarifrunde weiterentwickelt werden. So wurde unter anderem vereinbart, dass der Arbeitgeber künftig konkret begründen muss, wenn er einen Bereich grundsätzlich von mobiler Arbeit ausschließen will. Zudem kann dazu die Clearingstelle auf Konzernebene angerufen werden. Damit ist der Willkür, die wir in den letzten zwei Jahren dazu erlebt haben, ein Riegel vorgeschoben.

Wir konnten zudem die Regelungen zur Einführung bei mobilen Endgeräten (Smartphone, Tablet …) verbessern: Bei der Entwicklung, Auswahl und Ausgabe mobiler Endgeräte legen die zuständigen Betriebsparteien die zu erwartenden Nutzungsszenarien und Einsatzbedingungen fest. Hierzu zählen insbesondere anwenderfreundliche Handhabung, intuitive Bedienbarkeit, Barrierefreiheit sowie Funktionsfähigkeit.

EVG-Kernforderungen

Insgesamt ist es in drei anstrengenden Tagen gelungen, die meisten Forderungen unseres Forderungskatalogs durchzusetzen. „Das war ein hartes Stück Arbeit, aber unsere Kolleginnen und Kollegen haben in ihren Arbeitsgruppen hervorragende Arbeit geleistet und unnachgiebig verhandelt“, so die EVG-Verhandlungsführerin.

Jetzt wartet die nächste Herausforderung auf uns, die reichlich Konfliktpotential in sich birgt. Am 6. Dezember in Hannover geht es auf die Zielgerade – und da wird sich zeigen, ob wir einen Abschluss am Verhandlungstisch hinbekommen oder ob der Dezember ungemütlich werden wird. Wir werden dann über die prozentuale Lohnerhöhung und damit auch über das Mehr vom EVG-Wahlmodell verhandeln, ebenso über die Erhöhung der Ausbildungs- und Studienvergütung. Auch die Forderung nach einer Erhöhung der arbeitgeberfinanzierten kollektiven betrieblichen Altersvorsorge wird eine wesentliche Forderung in der vierten Verhandlungsrunde sein.

Sollten wir am 6. Dezember keinen Abschluss erzielen können, werden wir unsere Mitglieder zu weiterreichenden Aktionen aufrufen – und wir sind sicher: wenn wir das persönliche Engagement unserer Kolleginnen und Kollegen brauchen, werden sie da sein“, machte Bundesgeschäftsführer Torsten Westphal deutlich. Die erfolgreichen Lärm- und die Postkartenaktionen haben die Aktionsfähigkeit der EVG eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Videobeitrag: Fazit zur dritten Verhandlungsrunde

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